Das Jahr 2022 lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: turbulent!
Die Achterbahnfahrt geht weiter und wird uns auch noch 2023 erhalten bleiben. Die letzte Woche hat diese Entwicklung einmal mehr unterstrichen: Es gab Inflationszahlen in den USA, die besser ausfielen, als erwartet und dem Aktienmarkt erst mal Auftrieb gegeben haben. Danach folgte dann der jähe Absturz, nachdem die EZB die Zinsen um zwar nur 50 Basispunkte erhöht hat, aber deutlich gemacht hat, dass man jetzt konsequent die Inflation auf zwei Prozent wieder bringen möchte. Das bedeutet weitere Zinsanhebungen. Für 2023 erwarte ich eine Rezession sowie eine Kehrtwende der Notenbanken, weil die Rekordschuldenstände keine langfristig hohen Zinsen vertragen können. Sobald die Notenbanken eine 180 Grad Wende einläuten, muss man in risikoaffine Assets investieren. Die Inflation wird sich zunächst abschwächen, um sich dann in einer zweiten Welle weiter hochzuschaukeln. Limitierte Werte werden davon profitieren. Es bleibt also spannend. Wir freuen uns, wenn Sie uns weiter treu bleiben und weiterempfehlen.
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Mein Team und Ich wünschen Ihnen und Ihren Liebsten ein besinnliches und frohes Fest sowie alles Gute für 2023 – vor allem viel Gesundheit und Erfolg!
Herzlichst,
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Chart der Woche (US Interest Payments)
3. Christine Lagarde opfert die Wirtschaft
4. Niemand will deutsche Staatsanleihen
5. Tweet der Woche
2. Chart der Woche
Dieser unschuldig anmutende Chart treibt aktuell jedem Finanzpolitiker in den USA den Angstschweiß auf die Stirn.
Aufgrund der steigenden Zinsen in den USA steigen die Zinszahlungen auf die Schulden des amerikanischen Staates schneller an als die Corona Fallzahlen zu ihren besten Zeiten. Die Schulden betragen momentan 31,4 Billionen Dollar oder 121 Prozent des BIP.
Wie wir über die letzten Jahre häufig befürchtet haben, sind in unserem hochverschuldeten Wirtschaftssystem steigende Zinsen nicht tragbar. Wir können es uns schlichtweg nicht mehr leisten.
Das System befindet sich in einer Sackgasse und die Anzeichen dafür werden von Monat zu Monat deutlicher.
Ist es Zeit für “End the Fed”?
3. Christine Lagarde opfert die Wirtschaft
Während die amerikanische Notenbank seit Monaten den Takt bei den Zinserhöhungen vorgibt, hecheln die Europäer leider mal wieder ohne genauen Plan hinterher.
Nichtsdestotrotz hatte Frau Lagarde an diesem Donnerstag im Rahmen der letzten EZB Sitzung des Jahres ihren großen Auftritt. Und was für einer es war. Magnifique Madame!
Die EZB erhöhte die Zinsen um weitere 50 Basispunkte (bps) auf nunmehr 2,5 Prozent und Lagardes Rede war gespickt mit hawkischen (negativen) Kommentaren wie noch nie während ihrer Amtszeit.
Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, Frau Lagarde würde versuchen, den Reden von Jerome Powell mit sechs Monaten Verzögerung nachzueifern.
Während die EZB im Sommer noch verzweifelt versuchte, die Inflation klein zu reden, war zu diesem Zeitpunkt der amerikanische Notenbankchef bereits on fire.
Und während in den USA mittlerweile bereits die Erkenntnis reift, dass die Inflation für den Moment ihren Höhepunkt erreicht hat und die steigenden Zinsen nun vermehrt zu Problemen in der Realwirtschaft führen dürften (Rezession), fährt die EZB die europäische Wirtschaft endgültig mit Vollgas an die Wand.
Dass die Notenbanken mehr negative als positive Effekte auf die Wirtschaft haben, wird immer mehr Menschen bewusst. In keinem Jahr wurde deren Zerstörungskraft allerdings so deutlich wie in diesem. Wie gebannt hängen die Investoren dieser Welt an den Lippen von Powell, Lagarde und Co. Unsere gesamte Wirtschaft ist abhängig geworden von deren billigem Geld. Es wird Zeit für ein neues und vor allem faireres System.
Kurz: Es wird Zeit für "End the ECB"...
Doch bevor wir die EZB auflösen, wird leider noch etwas Zeit vergehen, daher für den Moment zurück zu Christine. Die Punchline ihrer Rede lautete: ”Zinsen müssen signifikant und stetig erhöht werden, um Höhen zu erreichen, die eine zeitnahe Rückkehr der Inflation zu ihren Zielen sicherstellt.”
Die Erwartungen der europäischen Notenbank für die kommenden Jahre:
- Inflation 6.3 % (zuvor 5.5%) in 2023, 3.4 % (2.3 %) in 2024 und 2.3 % in 2025
- Core Inflation 4.2 % (3.4%) in 2023, 2.8 % (2.3 %) in 2024 und 2.4 % in 2025
- BIP Wachstum 0.5 % (0.9 %) in 2023, 1.9 % (1.9 %) in 2024 und 1.8 % in 2025
Zusammenfassend wurden die Inflationserwartungen für die kommenden Jahre angehoben und gleichzeitig die Wirtschaftserwartungen zusammengestrichen.
Umso überraschender daher der hawkische Tonfall von Lagarde, aber wie Powell vor bereits über einem halben Jahr, scheint die EZB die Entscheidung getroffen zu haben, im Kampf gegen die Inflation breit zu sein, die europäische Wirtschaft zu opfern.
Und dennoch ist selbst nach den optimistischen Ausblicken der EZB die Inflation in 2025 mit 2.3 Prozent noch immer über dem Inflationsziel von zwei Prozent.
Leider wird unsere Meinung dieses Ziel so oder so verfehlt werden. Wir rechnen in 2024 mit stark steigenden Rohstoffpreisen und können uns in 2024/2025 einen Ölpreis jenseits der 150 Dollar vorstellen. Dies dürfte uns in Europa leider eine ganz andere Inflationsrate bescheren als von der EZB erwartet. Die europäische Geldpolitik benötigt dringend einen Reset.
Die Inflation kommt bekanntlich in Wellen und die aktuelle Inflationsrate weist beruhigende Ähnlichkeiten mit dem der 70iger Jahren auf.
Kurzum, die Inflation sollte im Verlauf von 2023 weiter fallen und die Notenbanken in Sicherheit wiegen. Sobald die Notenbankpolitik dann lockerer wird, beginnt die nächste Welle, die uns zu neuen Hochs führen sollte.
Aber dennoch wollen wir Ihnen nicht noch einige weitere Highlights aus dem Pressestatement der EZB vorenthalten:
- die Abwertung des Euros hat zur Inflation beigetragen
- die Risiken der Ausblicke für wirtschaftliches Wachstum sind zur Unterseite
- es ist offensichtlich, dass weitere 50 bps Zinsschritte kommen
- die EZB muss die Zinsen höher und länger erhöhen, als es der Markt aktuell einpreist
- die Mehrzahl der Board-Mitglieder trägt die Entscheidungen mit
- die Dezember Inflationsraten sollten fallen, für Januar und Februar werden jedoch wieder höhere Zahlen erwartet
- ein Pivot ist aktuell kein Thema und nicht absehbar
- wir werden “eine tighte monetäre Geldpolitik für längere Zeit fahren”
Falls das noch klar genug war, streute die EZB noch die Nachricht, dass ein Drittel der Mitglieder sich sogar für höhere Zinsschritte ausgesprochen hatte, aber Lagarde als Kompromiss anbot, zweimal in Folge um 50 bps zu erhöhen.
Stellen Sie sich also darauf ein: die Zinsen in der Eurozone werden vorerst weiter steigen und eine Kehrtwende dürfte erst vollzogen werden, wenn es wirtschaftlich zu sehr großen Problemen kommt. Dies dürfte im Verlauf von 2023 der Fall sein.
Bis dahin fährt die EZB die europäische Wirtschaft mit Vollgas über die Klippe, um die Inflation nur irgendwie in Schach zu halten. Die EZB hechelt der amerikanischen Notenbank mit einer etwa sechsmonatigen Verzögerung hinterher und versucht verzweifelt aufzuholen.
What could possibly go wrong?
Eurozone Manufacturing PMI Daten zeigen bereits Rezession an
Während die EZB sich also viel zu spät voll und ganz der Inflation widmet, zeigen die europäischen Wirtschaftsdaten des verarbeitenden Gewerbes bereits große Probleme an. Ein PMI Index von unter 50 ist immer ein klares Signal für eine Rezession. Aktuell befindet sich die Eurozone bei 46,4, einem 29-Monats-Tief.
Deutschland liegt mit 45,1 sogar unter dem Durchschnitt der Eurozone. Für jeden, der unsere Energiepolitik verfolgt, dürfte das wenig überraschend kommen.
Alarmstufe Rot.
Sinnbildlich dafür befindet sich die Invertierung der deutschen Zinskurve auf historischen Tiefständen.Meist kein gutes Anzeichen für die Wirtschaft auf Sicht von 6-12 Monaten.
Winter is coming.
EZB Bilanz soll schrumpfen
Wer an dieser Stelle denkt, das war schon alles, den müssen wir leider enttäuschen.Neben den steigenden Zinsen plant die EZB auch ihre Bilanz zu schrumpfen und zwar um 15 Milliarden Euro pro Monat.
Um dieses Ziel zu erreichen, muss die EZB ihre Anleihekäufe massiv zurückfahren. Weitere Details zu ihrem QT-Programm will die EZB in ihrer Sitzung im Februar veröffentlichen. Klingt erstmal nach langweiligen makroökonomischen Entwicklungen.
Warum ist das jedoch sehr brisant und relevant für Deutschland?
4. Niemand will deutsche Anleihen
Der ein oder andere wird sich daran erinnern, als 2017 Österreich eine Anleihe mit 100 (!!!) Jahren Laufzeit auf dem Markt brachte zu einem Zinssatz von 2,1 Prozent und 2020 dieses Kunststück wiederholte, mit einem Zinssatz von 0,85 Prozent. Sie lesen richtig, eine 100-jährige Anleihe mit Zinsen von unter einem Prozent.
Vermutlich der genialste Schachzug eines österreichischen Finanzministers in der Geschichte der Alpenrepublik.
Absurderweise waren beide Anleihen überzeichnet, Investoren prügelten sich regelrecht darum, ihr Geld an die Österreicher zu verleihen.
Dies war rückblickend vermutlich der Höhepunkt der weltweiten Anleihenblase. Mittlerweile haben die Anleihen mehr als 50 Prozent ihres Wertes verloren und niemand würde auch nur im Traum eine Anleihe mit einer ähnlichen Laufzeit kaufen (Wir warnten damals).
Ganz im Gegenteil, was vor kurzem noch als undenkbar erschien, wird nun Realität.
Selbst Deutschland sieht sich mittlerweile mit großen Problemen beim Verkauf seiner Staatsanleihen konfrontiert. Es gibt schlichtweg zu wenig Interessenten, die dem deutschen Staat zu den aktuellen Zinsen Geld leihen möchten.
Der Head of Interest Rate Strategy der Commerzbank bezeichnete die Situation als “very, very, very bad” und sprach von einem Streik der Anleihenkäufer. Wenn sich ein Banker zu einem solchen Statement hinreißen lässt, wissen wir, dass es bereits fünf nach 12 ist.
In diesem Kontext verstehen wir nun auch, warum das QT-Programm der EZB ein sehr großes Problem darstellt, waren sie doch die größten Käufer von europäischen Anleihen über die vergangenen Jahre.
Um die Situation noch etwas brisanter zu machen, muss der deutsche Staat aber mehr Anleihen als je zuvor ausgeben, um Subventionen zu finanzieren, die von der verfehlten Energiepolitik ablenken sollen.
Also mal wieder ein neuer deutscher Rekord im Schuldenmachen. Wenn es schon bei der Nationalmannschaft nicht läuft, eilt zumindest das Finanzministerium von Rekord zu Rekord. Wer diese Schuldpapiere jedoch kaufen soll, ist aktuell ein Fall für Sherlock Holmes. Wir werden zumindest nicht dazu gehören.
Negativzinsen wie nie zuvor
Der Hauptgrund für das mangelnde Interesse an deutschen Anleihen ist folgender Chart.
Trotz steigender Zinsen sind die Realzinsen, also Zinsen abzüglich der Inflation, nach wie vor auf historischen Tiefständen, um genau zu sein, so tief wie noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
Der ist bekanntlich lange her und daher wenig überraschend, dass das Interesse überschaubar ist, dem deutschen Staat sein Geld zu leihen.
Uns stehen also spannende Monate bevor, mit einem hohen Unterhaltungswert hinsichtlich der makroökonomischen Entwicklungen in der Eurozone. Dieses Leid und Elend lässt sich am besten mit Humor ertragen.
Nüchtern betrachtet müssen wir jedoch festhalten, dass diese Entwicklungen zu deutlich mehr finanzieller Repression führen werden.
Was wird der Staat machen, wenn niemand mehr seine Anleihen kaufen möchte? Einen nachhaltigeren Staatshaushalt anstreben? Wohl kaum…
Er wird Versicherungen und Banken dazu zwingen, seine Anleihen zu kaufen und damit auch ihre Lebens- oder Rentenversicherung.
Handeln Sie dementsprechend!
5. Tweet der Woche
Was genau Elon Musk wirklich mit Twitter vorhat, ist nach wie vor unklar. Wir beobachten sein Wirken jedoch zumindest für den Moment mit einem Grinsen.