Die Lage spitzt sich immer weiter zu.
Immer mehr Unternehmen klagen über die hohen Energiepreise und Verbände und Branchenvertreter warnen vor einer Insolvenzwelle sowie einer Deindustrialisierung Deutschlands.
Durch die immens steigenden Energie- und Strompreise geraten nicht nur wir Bürger immer mehr unter Druck, sondern auch die deutsche Wirtschaft und Industrie. Vor allem die energieintensiven Branchen wie Chemie, Glas, Papier oder Metall stehen mit dem Rücken zur Wand. Zunehmend mehr Unternehmen gehen dazu über, ihre Produktion zu drosseln, um Kosten zu sparen. Ebenso überlegen jetzt schon zehn Prozent der Unternehmen über eine Verlagerung der Produktion ins Ausland nach, um die Energiekosten wieder in den Griff zu bekommen. Einige haben schon aufgegeben und die Tore ganz geschlossen bzw. mussten Insolvenz anmelden. Weitere Firmen werden leider folgen, wenn sich die Situation nicht rasch bessern sollte. Die unvermeidliche Rezession wird die Lage für viele Unternehmen und Bürger weiter verschlimmern. Der spektakuläre Abstieg Deutschlands wird genauso in die Geschichtsbücher eingehen wie sein Aufstieg durch das Wirtschaftswunder: Vom wirtschaftlichen Powerhouse zu Wärmehallen innerhalb weniger Jahre.
In Deutschland kommen jetzt viele Faktoren zusammen, die den Abstieg Deutschlands beschleunigen: eine überhastete Energiewende sowie Sanktionen gegen einen der Hauptlieferanten von billigen Rohstoffen und Energie. Dadurch wird nachhaltig die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit Europas und vor allem Deutschlands gefährdet. Ebenso die Versorgungssicherheit und damit unser Wohlstand sowie der soziale Frieden. Von weiteren politischen Fehlentscheidungen der letzten Jahre, einer scheiternden Währungsunion und der schlechten Demographie ganz zu schweigen. Dahingehend mein Wort zum Sonntag: Bereiten Sie sich vor - mental und monetär.
Herzlichst,
Inhaltsverzeichnis
- Die Deindustrialisierung Deutschlands beginnt
- Endstation Sozialismus
- Ausblick
- Chancen
Quelle: BlackRock
Vor allem Europa leidet unter den Sanktionen:
Die Energieausgaben machen derzeit 11,7 Prozent des BIP in der EU aus, gegenüber nur 5,3 Prozent in den USA. Dadurch wird nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit Europas geschmälert, sondern auch die Gefahr von Abwanderungen und Insolvenzen von Unternehmen.
1. Die Deindustrialisierung Deutschlands beginnt
Deutschland war vor gar nicht allzu langer Zeit nicht nur das Land der “Dichter und Denker”, sondern auch das Land der fleißigen Ingenieure und Tüftler. “Made in Germany”, das stand für echte Qualität. Unsere Produkte erfüllten die höchsten Ansprüche und waren auf der ganzen Welt gefragt. Durch die Weichwährung Euro waren unsere hochqualitativen Produkte auch noch günstig was uns zum Exportweltmeister hat schnellen lassen. Doch diese Zeiten sind endgültig vorbei. Der Niedergang Deutschlands und die Deindustrialisierung hat leider begonnen. Ausgelöst durch historische Fehlentscheidungen, wie einer völlig verfehlten Energiepolitik, vor deren Scherbenhaufen wir nun stehen. Aber auch einer gewissen Hybris und Inkompetenz. Wir stehen jetzt vor dem Trümmerhaufen der über Jahre hinweg kumulierten und nie gelösten Problemen und Krisen.
Aufgrund der explodierenden Gas- und Strompreise müssen sich etliche Unternehmen nun entscheiden. Entweder die Produktion drosseln, die Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, abzuwandern, um wettbewerbsfähig zu bleiben oder gar ganz zu schließen. Viele werden wohl auch Insolvenz anmelden müssen. Experten erwarten eine gigantische Pleitewelle. Vor allem energieintensive, produzierende Branchen wie Papier, Glas, Chemie, Metall- und Stahlverarbeitung dürfte es zuerst treffen. Aber auch den Mittelstand wird es hart treffen. Etliche Betriebe stehen aktuell vor dem Aus, weil es sich einfach nicht mehr rentiert, bei diesen Energiepreisen weiter zu produzieren. Erste Opfer sind schon zu beklagen: Hakle, Görtz und Dr. Schneider. Insgesamt gab es 2022 schon 7113 Firmenpleiten. Tendenz stark steigend!
Im August sind nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) die beantragten Regelinsolvenzen um 6,6 Prozent gegenüber dem Juli gestiegen.Laut des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) waren es im August 2022 sogar 21 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. In anderen Ländern in Europa lässt sich Ähnliches beobachten. Also auch in der Wirtschaft sehen wir eine Übersterblichkeit!
Diese Zahlen spiegeln allerdings bei weitem noch nicht das wieder, was uns in Deutschland noch bevorsteht. Handwerker, Bäckereien, Stahlhersteller. Fast jeden Tag erreichen uns neue Horror-Meldungen. Bei den Aussichten auf diesen Winter dürften diese noch weiter anhalten. “Vielen steht das Wasser bis zum Hals”, so der Präsident des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer.
Die Industrie hat im Jahr 2022 bereits 21 Prozent weniger Gas eingesetzt. Doch sollte sich unser grüner Wirtschaftsminister nicht zu früh freuen. Die Gründe sind leider nicht erfreulich: Der Rückgang liegt nicht an Einsparungen durch Optimierung, sondern vor allem daran, dass die Produktion massiv heruntergefahren bzw. ganz gestoppt wurde. Die Reaktion der Politik: Abwarten und Tee trinken. Laut Robert Habeck brauchen die Unternehmen ja auch keine Insolvenz zu befürchten.
Schon jetzt schließen etliche Stahlhersteller in Europa ihre Produktionen, da es sich einfach nicht mehr rentiert. Dies zeigt die nächste Abbildung:
Der größte Stahlproduzent der Welt, Arcelor-Mittal, wird Ende September zwei Werke in Deutschland herunterfahren. Betroffen sind hier zunächst Hamburg und Bremen. Wann und ob diese überhaupt wieder hochfahren steht in den Sternen, gilt aber laut Brancheninsidern als unwahrscheinlich. Ein Stahlwerk kann man nicht mal schnell zusperren wie ein Restaurant oder Friseurladen. In Eisenhüttenstadt wird die Kurzarbeit voraussichtlich ausgeweitet. Die Salzgitter AG hatte den Start des Hochofens C bis auf September verschoben. All das sind keine rosigen Aussichten für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Inflation und Energiepreise schon vor Ukraine-Krieg gestiegen
Ja, der Krieg in der Ukraine hat die Energiepreise mächtig nach oben getrieben. Doch wir dürfen nicht vergessen, dass aufgrund einer völlig verfehlten Energiepolitik die Preise bereits im Jahr 2021 stark angestiegen waren.Das erkennen Sie im nächsten Chart. In weiß sehen Sie den Gaspreis in der Eurozone und in gelb den Strompreis in Deutschland am Futures-Markt.
Was viele nicht wissen oder vergessen haben: Schon vor dem Ukraine-Krieg lag die Inflation im Februar 2022bei 5,1 Prozent. Wie schon bei Corona, war der Krieg hier nur der Brandbeschleuniger, der die angestauten Probleme offenbarte.
Wie abhängig wir vom russischen Gas sind, hat der Staranalyst Zoltan Poszar von der Credit Suisse errechnet. Er schätzt, dass rund 1,9 Billionen Euro der deutschen Industrieproduktion (roter Kreis in der Mitte des Diagramms) auf nur 27 Milliarden Euro russischer Energiezufuhr (roter Kreis unten links) beruhen.
Baubranche schwächelt
Und auch die Baubranche zeigt mittlerweile Anzeichen einer starken Abkühlung. Wie aus einer Umfrage des Münchener ifo-Instituts hervorgeht, waren im August 11,6 Prozent der befragten Unternehmen von Auftragsstornierungen betroffen. Gründe sind vor allem steigende Kreditzinsen sowie steigende Baukosten. Es herrscht große Unsicherheit. Die Kalkulation von neuen Projekten wird damit zunehmend schwieriger, was viele dazu veranlasst, diese ganz zu stornieren.
Bundesbank mit düsterer Prognose
Die Baubranche ist nur ein Indikator der sich anbahnenden Rezession, die uns insbesondere in Deutschland hart treffen wird. Bereits im Mai haben wir erste Anzeichen gesehen, als sich unser Exportüberschuss auf marginale 0,5 Milliarden Euro pulverisierte.
Auch die Deutsche Bundesbank sieht mittlerweile schwarz für den Wirtschaftsstandort Deutschland. In ihrem neusten Monatsbericht heißt es: "Es mehren sich die Anzeichen für eine Rezession der deutschen Wirtschaft im Sinne eines deutlichen, breit angelegten und länger anhaltenden Rückgangs der Wirtschaftsleistung".
2. Endstation Sozialismus
Winter is coming!
Für über 90 Prozent stellen die gestiegenen Energiepreise bereits eine starke Herausforderung dar. Dabei hat der Winter noch nicht einmal begonnen.
Erste Eindrücke was uns drohen könnte, haben wir bereits ansatzweise gesehen, als vor wenigen Wochen der Ammoniak und AdBlue-Hersteller SKW-Priesnitz seine Produktion einstellte. Das Unternehmen hat einen Marktanteil von rund 40 Prozent bei der AdBlue-Produktion.
Das Brisante: Ohne den Treibstoffzusatz wird fast kein LKW in Deutschland mehr fahren können. Die Folgen wären enorm. Leere Supermarktregale wären vorprogrammiert. Aber nicht nur das. Ohne Ammoniak kann auch kein Dünger produziert werden, was zu weiter steigenden Preisen und weniger Ernten führen wird. Weniger Ernte bedeutet wieder weitere steigende Preise…Sie sehen: Ein absoluter Teufelskreis.
Wer mein Video “Die Lage spitzt sich zu” gesehen hat, der weiß, dass es hier eigentlich nur zwei Möglichkeiten geben kann.
- Entweder wir beenden die Sanktionen und machen uns mit Diplomatie stark für Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland.
- Die Alternative ist eine massive Deindustrialisierung Deutschlands. Die Folge wäre der Sozialismus. Mit Hilfe von ökonomischen Wunderkonzepten wie der Modern Money Theory (MMT) drucken wir uns dann durch den Winter, bis wir irgendwann feststellen, dass die Energie nunmal nicht aus der Druckerpresse kommt. Das Ende vom Lied wäre Depression, Hyperinflation und Massenverarmung.
So wie wir die Politik der letzten Jahren kennenlernen durften, wird es auf Umverteilung und Planwirtschaft hinauslaufen, mit allen verbundenen Kollateralschäden.
Erst im Juli hatte die EU mit Aserbaidschan ein Abkommen unterzeichnet, wonach man jährlich bis zu 20 Milliarden Kubikmeter Gas aus Aserbaidschan beziehen möchte. Hier war es jedoch vor wenigen Tagen zu Auseinandersetzungen gekommen, bei dem militärische und zivile Ziele durch aserbaidschanische Truppen beschossen wurden. Diese Logik muss man erst einmal verstehen. Gas aus Aserbaidschan gut, aber aus Russland böse.
Der EU-Politiker Martin Sonneborn bringt die offensichtliche Doppelmoral in einer Rede vor dem EU-Parlament treffend in einer Minute auf den Punkt.
3. Ausblick
Deutschland rast gerade mit 180 km/h auf eine Wand zu. Wenn wir nicht bald eine Entspannung bei den Energiepreisen sehen, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr ungemütlich im Winter werden. Da bleibt nur das Hoffen auf einen milden Winter. Doch selbst dann: Was machen wir im Winter darauf?
Die Antwort der Verantwortlichen wird, wie schon befürchtet, allerdings noch mehr Markteingriffe und noch mehr Umverteilung sein, die jedoch nicht den Ursprung des Problems lösen werden.
Bereits in unserem letzten Newsletter haben wir gesehen, dass die hohen Energiekosten indirekt auch den schwachen Euro befeuern. Eine Rezession und die damit verbundene Pleitewelle wird schon bald über Deutschland hinweg rollen. Wir werden wohl oder übel steigende Arbeitslosenzahlen sehen, die die sozialen Spannungen noch verschärfen werden.
Energiepolitische Zeitenwende
Doch noch hat die Politik Zeit, um wenigstens das Schlimmste zu verhindern. Dazu bräuchte es nun aber mehr Realismus und weniger Ideologie und Dogmatismus. Ob sie das tun wird, ist leider eher fraglich. Man sollte jetzt über folgende Punkte sprechen und erste Schritte implementieren:
- Die bestehenden Atomkraftwerke am Netz lassen und abgeschaltete AKW´s reaktivieren
- Neue Kernkraftwerke bauen
- Gasförderung und Gasfracking in Deutschland prüfen
- Kohleabbau wieder starten
- Geld in die Forschung stecken (Speicher, Wasserstoff etc.)
- Erneuerbare Energien ausbauen
- Strategische Vorräte massiv ausbauen
- Sanktionen beenden
4. Chancen
Trotz der getrübten Stimmung im Markt und der weiterhin schlechten Aussicht für die nächsten 6-12 Monate, sollte man jetzt nicht alles aufgeben. Es heißt ja immer: „Jede Krise ist eine Chance.“. Dieses Leitprinzip gilt auch hier wieder.
Rohstoffe und Sachwerte werden in dieser Dekade besser laufen als die bisherigen Technologie „Bluechips“ wie Apple, Google, Facebook und Co. Wir laufen in eine Phase des geringen Wachstums und die Zinspolitik zeigt sich auch erstmals seit 20 Jahren defensiv. Das billige Geld und die ständige Refinanzierung für künstliches Wachstum werden erstmal nicht mehr auf dem gleichen Niveau weiterlaufen. Dazu kommen Kriege, Energiewende und ein historisch negatives Bevölkerungswachstum. Wir erleben bereits jetzt die Auswirkungen der Vernachlässigung der Energie- und der Rohstoffgewinnung. Zudem das Ende der zügellosen Globalisierung, denn die Länder gehen nun lieber in einen Modus der Sicherung und nicht des freien Austauschs. Handelsabkommen in Asien sind in den letzten Jahren durch die Decke gegangen.
Was ist also zu tun?
Schauen wir uns erstmal das Verhältnis zwischen Nasdaq und S&P500 an. Dieser Chart zeigt uns wie gut Technologie-Aktien in den letzten Jahren relativ zum S&P500 abgeschnitten haben. Jetzt gibt es zum ersten Mal in langer Zeit Anzeichen auf einen möglichen Trendwechsel, nach einer letzten Übertreibungsphase. Brechen wir hier nach unten, dann könnten wir Level der letzten Jahrzehnte wieder testen. Dies würde bedeuten, dass man im Technologie Bereich auf absehbare Zeit keine außergewöhnlichen Gewinne mehr erwirtschaften könnte.
Wo wird man überdurchschnittliche Rendite dann finden?
In Rohstoffen. Schauen wir uns die gleiche Verhältniszahl für den GSG (Rohstoff ETF) und dem S&P 500 an. Wir sehen genau die umgekehrte Entwicklung. Der Rohstoffsektor wurde über Jahre ignoriert und vernachlässigt. Erst durch die starke Inflationswelle und der Erkenntnis, dass unser Wohlstand nicht aus dem Handy kommt, sondern aus der Erde, haben wir hier eine erste Trendwende gesehen. Sollte sich diese Wende gleichzeitig mit der Technologiewende vollziehen, dann werden Rohstoffe goldene Dekaden erleben. Hier sehe ich, neben Bitcoin, immer noch die größten Chancen, da es Jahre dauern wird, die Knappheiten auszugleichen. Doch momentan ist noch Vorsicht angesagt: Durch Zinsanhebungen, restriktive Geldpolitik, geopolitische Spannungen und eine Rezession wird es weiterhin volatil bleiben.
Quelle: TradingView
Volatilität voraus!
Angesichts der letzten Inflations-Daten aus den USA wird die FED weiter stark auf die Bremse treten und ihren restriktiven Kurs fortsetzen. Das hat Jerome Powell diese Woche den Marktteilnehmern erneut klargemacht als er den Leitzins erneut um 75 Basispunkte anhob. "Es werde kein schmerzfreier Weg, die Inflation zu überwinden", so der FED-Chef. Stellen Sie sich daher nach wie vor auf eine erhöhte Volatilität ein. Die Nervosität an den Märkten ist ungebrochen hoch. Das Motto lautet also immer noch: Cash is king!
Tweet der Woche
Berlin goes Brüssel
Preisdeckelungen bei Strom. Hier will man sicherlich das Erfolgskonzept des Berliner Mietpreisdeckels fortsetzen. DDR. 2.0, Rationierungen, Sozialismus. Lang totgeglaubte Konzepte kehren wieder zurück nach Europa.
Quelle Titelbild: Shutterstock