Newsletter Finanzielle Intelligenz vom 08.05.2022

Die Anleihen- und Aktienmärkte befinden sich weiterhin im Crashmodus. Die Inflationsraten sind nach wie vor ungebrochen hoch, was die Angst vor weiter steigenden Zinsen und einer noch restriktiveren Geldpolitik der FED befeuert.

Titelbild des Blogposts

Wir leben in historischen Zeiten.

Das kann niemand mehr leugnen. Selten passte das Zitat besser:

"Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts passiert;
und Wochen, in denen Jahrzehnte passieren."


Wir haben die herausforderndsten Zeiten unserer Lebzeit - makroökonomisch sogar aller Zeiten. Wir möchten mit dieser Ausgabe ein wenig Licht ins Dunkle bringen und die enorm komplexe Situation verständlich übersetzen, damit Sie wissen was passiert und wie Sie sich aufstellen sollten. Noch nie war es schwieriger zu investieren. Enorme Volatilität hat das Zepter übernommen und wirbelt die Märkte kräftig durcheinander. Die Zeit des passiven Investierens ist definitiv vorbei.

Grund für diese Zeitenwende ist ein historisch einmaliges Notenbankexperiment bei der alle Krisen der letzten 30 Jahren mit der Druckerpresse weggedruckt wurden. Der Brandbeschleuniger war die Coronakrise, die gepaart mit politischer Inkompetenz, die ideale Rezeptur für eine Verschlimmerung war.

Wir mussten sehen, wie wenig resilient unser globalisierte Welt doch ist. Immer noch sehen wir nachhaltig kaputte Lieferketten, eine gestörte Weltwirtschaft, daraus resultierende steigende Preise auf breiter Front und sind wohl Zeugen vom Ende der Globalisierung. Die erneuten Lockdowns in China und der Krieg in der Ukraine belasten das System zusätzlich.

In der EU ist die Inflation auf ein Allzeithoch von 7,5 Prozent gestiegen und die EZB macht: Nix.

Jahrelang wurde uns von der EZB gesagt, sobald die 2 Prozent Inflation erreicht ist, werde man das Aufkaufprogramm beenden und die historische Nullzinsphase beenden. Nach meiner mathematischen Kenntniss sind 7,5 Prozent mehr als 2 Prozent. Anscheinend aber nicht bei der EZB. Fakt ist: Die EZB kann die Zinsen nicht erhöhen, ansonsten bricht das komplette Kartenhaus zusammen. Aus diesem Grund wird die Insolvenzverschleppung weitergehen.

Nie war es wichtiger seine Kaufkraft und sein Vermögen vor Inflation und Steuern zu schützen.

Herzlichst,

mit Florian Kössler und Navid Unger

Chart und Aussage der Woche

Ein tiefroter Wochenschluss an den Finanzmärkten.

Fed Soft Landing 2007 vs 2022

Das von der amerikanischen Notenbank angestrebte “Soft Landing” ging bekanntlich 2007 mächtig in die Hose. 2022 befinden wir uns auf einem ähnlichen Weg.

1. Vorerst Schluss mit Geld drucken

Seit Sonntagmorgen sind wir im Monat Mai angekommen und damit in einer neuen Zeitepoche des Aktienmarkts, denn in diesem Monat geht das „Quantitativ Easing“ Program (kurz QE) der FED in das „Quantitativ Tightening“ (kurz QT) über. Das heißt die Amerikanische Notenbank beendet ihr Anleihen Aufkaufprogramm und beginnt diese wieder zu veräußern. Die Notenbank kaufte in den letzten zwei Jahren pro Monat knapp 120 Milliarden Dollar an Anleihen auf und sorgte damit für eine höhere Liquidität am Kapitalmarkt. Dieses Geld floss in die weltweiten Aktienmärkte und Risikowerte wie Kryptowährungen. Wir sehen in diesem Monat nun eine historische Kehrtwende. Aus der überschüssigen Liquidität wurde die wohl größte Blase der Geschichte kreiert und es wird nun spürbar Luft abgelassen. Bildlich gesprochen ist QE für den Markt wie eine Luftpumpe, welche unermüdlich die Aktienkurse aufgepumpt hat. Die umgekehrte Wirkung erzielt QT, denn QT entzieht dem Markt Liquidität und lässt die aufgepumpten Preise kollabieren.

Wird es dieses Mal anders werden? Die aktuellen Entwicklungen am Markt lassen uns das stark anzweifeln. Neben QT sind wir zusätzlich zu Beginn der Zinswende (Zinsniveau aktuell 1 Prozent), das bringt u.a. Folgendes mit sich:

  • Die US-Wirtschaft schrumpfte im ersten Quartal 2022 annualisiert um 1,4 Prozent. Die sich abschwächende Wirtschaft wird die amerikanische Notenbank weiter unter Druck setzen. Zinsen in einem Umfeld schwacher Wirtschaftsdaten zu erhöhen ist ein extrem schmaler Grat.
  • Unternehmen und Banken fällt es schwerer sich billig zu verschulden und somit ihre Bilanz zu verbessern.  
  • “Stock Buybacks” werden deutlich zurückgehen. Unternehmen verschulden sich billig, kaufen ihre Aktien von Shareholdern zurück und verknappen so künstlich das Angebot ihrer Aktien am Markt. Als Folge steigen die Aktienkurse des Unternehmens. Dieses Prinzip wurde von fast allen der Top Unternehmen für lange Zeit praktiziert und ähnelt einem Ponzi Schema. Diese Vorgehensweise funktioniert nur, wenn das Zinsniveau fällt und meine Schulden von morgen billiger sind als die von heute. Die jetzige Zinspolitik unterbricht diesen Zyklus.
  • Weiterhin ist es für den Ottonormalverbraucher nicht mehr einfach den Kreditzyklus am Häusermarkt auszudehnen. Die durchschnittliche Rate für einen Hauskredit in den USA lag vor kurzem bei über 2000 Dollar. Rechnet man dazu noch die Rekordzahlen der Inflationsentwicklung, bleibt unterm Strich den Menschen deutlich weniger zum Investieren übrig.

2. Anleihen Märkte sehen historischen Crash

Jeder der sich bereits etwas mit Portfolio Management beschäftigt hat kennt das bekannte 60-40 Portfolio. Man hält eine Aktienquote von 60 Prozent um eine hohe Rendite zu erzielen und kauft außerdem 40 Prozent Staatsanleihen um im Falle eines Market Crashes abgesichert zu sein. Andreas Beck z.B. (hier geht es zum Interview mit Andreas Beck) ist ein großer Verfechter dieses Investitions Ansatzes, der in der Vergangenheit über viele Jahrzehnte sehr gut funktionierte, über die letzten Monate jedoch stark unter die Räder kam. Das erste Quartal 2022 hat uns den größten Einbruch des Anleihen Marktes in den vergangenen 200 Jahren beschert. Um genau zu sein war der Jahresstart der schlechteste seit 1787 (!). Mittlerweile verzichten Investoren in einer konservativen Anlageklasse wie Anleihen ein Minus von über 20 Prozent, ein wahrlich historisches Event.Die weltweiten Anleihen werden also zeitgleich mit den Aktien abverkauft und bieten Investoren keinen Schutz vor Turbulenzen an den Aktienmärkten. Und das obwohl seit dieser Woche die 10 jährigen amerikanischen Staatsanleihen zum ersten Mal seit 2020 wieder eine positive Rendite (Inflation eingerechnet) erzielen. Warum werden Anleihen trotzdem nicht gekauft?

  • Der Markt geht weiterhin von einer steigenden Inflationsrate aus und möchte deshalb keine Werte halten, welche auf einen langen Zeithorizont gehalten werden müssen, um gute Rendite zu generieren. Dazu gehören Technologieaktien, Risikowerte wie Bitcoin und langfristige Staatsanleihen.
  • Eine Kehrtwende in Bonds ist zu erwarten, wenn die amerikanische Zentralbank den Markt davon überzeugen kann, dass sie die Inflationsentwicklung wieder in den Griff bekommt. Bis dahin wird das Geld weiter seine Rendite in anderen Assetklassen suchen.

Wie geht es weiter? Als konträre Investoren wecken die aktuellen Nachrichten rund um den Anleihenmarkt unser Interesse. Amerikanische Anleihen befinden sich seit 1980 in einem konstanten Abwärtstrend. Wann immer wir das obere Viertel des Trendkanals erreichten, war es ein guter Zeitpunkt Anleihen zu kaufen, am unteren Ende des Kanals war es Zeit Anleihen zu verkaufen.


Die 1 Mio. Dollar Frage

Frage: Steigen die Inflationsraten weiterhin an?

Antwort A: Nein!

  • Es ist wahrscheinlich, dass der Trendkanal weiterhin Bestand hält und sich im Verlaufe des Jahres interessante Einstiegsmöglichkeiten im Anleihenmarkt ergeben.

Antwort B: Ja!

  • In diesem Fall müssen wir davon ausgehen, dass die Zinsen auf Anleihen weiter steigen und wir in eine komplett neue makroökonomische Marktphase eintauchen werden.

Bedenken Sie: steigen die Zinsen, wird es deutlich schwerer die Schuldenlast der Welt zu stemmen. Nie zuvor in der Geschichte waren Staaten, Firmen und Privatpersonen so hoch verschuldet wie heute. Es bleibt spannend.

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